Beschreibung
Eigenh. Brief in bemerkenswert zierlicher und sorgfältiger Schrift (Tinte, Spitzfeder, deutsche Kurrentschrift) signiert 'Ernst Zahn', datiert Göschenen, den 31.1.1917. Kleiner Briefbogen (ursprüngl. quer gefaltet) mit Briefkopf in farb. Reliefdruck, 18.6 x 14.5 cm, mit ca. 15 Zeilen eigentlichem Brieftext. Leichte Alters-, wenig Manipulationsspuren. Gesamthaft recht gutes Exemplar - - Provenienz: Privatnachlass aus der Verwandtschaft Lavater-Gessner-Finsler-Sarasin - Antwortschreiben an das 'Hochgeschätzte Fräulein', i.e. Diethelm Georg Finslers Tochter Maria (od. Marie, *1865; Hist. Fam.lex. d. Schweiz, Finsler, in: hfls ch, online). Zahn dankt für einen zum 50. Geburtstag erhaltenen Brief: "Unter den vielen hundert freundlichen Zeichen der Anerkennung [.] zähle ich Ihren liebenswürdigen Brief mit zu den schönsten. Es ist mir eine große Genugtuung, die Lebenswahrheit einer meiner Buchgestalten von so kompetenter Seite bestätigt zu bekommen." - Im Glückwunschschreiben der ledig gebliebenen Tochter, "die dem verehrten Antistes, Ihrem Herrn Vater, am nächsten gestanden", wurde jedoch zu einer Romanfigur, welcher Antistes Finsler als Vorbild gedient hatte, auch ein kritischer Einwand geäussert. Laut Zahns Antwort muss 'Fräulein' Finsler angemahnt haben, dass "eine Seite, die der Güte, zu wenig beleuchtet erscheint". Ernst Zahn bedauert, und entschuldigt sich dahingehend, dass er "den Herrn Vater wohl auf der Kanzel, auch in der Kinderlehre [.] gehört, jedoch nie mit ihm [sich] eingehender unterhalten durfte." - Der Brief dokumentiert sowohl den Eingang Antistes Finslers als Schlüsselfigur in die Literatur, als auch die Reaktion darauf durch seine nächsten Angehörigen resp. noch lebenden Nachkommen. Ausserdem erhellen Zahns Ausführungen sein Verhältnis zu Finsler und eigene biographische Aspekte wie z.B. seine Konfirmation in Zürich durch Pfarrer Pestalozzi (i.e. Ludwig Heinrich, 1842-1909, seit 1871 Pfarrer am Grossmünster; HBLS) --Ernst Zahn (Zürich 1867-1952 ibid.), zu seiner Zeit erfolgreicher Schweizer Schriftsteller. "Ab 1887 Teilhaber des von seinem Vater 1880 übernommenen Bahnhofrestaurants in Göschenen, ab 1897 dessen Besitzer. Ab 1917 lebte Zahn als freier Schriftsteller abwechselnd in Zürich und Meggen." (HLS) - "Verfasser von 28 Romanen und 30 Erzählbüchern mit einer Totalauflage von annähernd vier Millionen. [. Der] Erfolg blieb Zahn auch dann noch treu, als er den alpinen Schauplatz verliess und seine Geschichten immer häufiger in Zürich und anderswo ansiedelte. [.] Was ihn auszeichnete, war die solide Kunst der Komposition und die Gabe, bis zum letzten Satz spannend zu erzählen. Zahn schrieb ein klares, leicht altertümliches Deutsch, und seine Figuren kamen dem Identifikationsbedürfnis des Lesers ebenso entgegen wie seine Thematik, die sich im Grunde auf Liebe und Heirat, Glück und Unglück im Beruf sowie auf ?Heldentum im Alltag? beschränkte. [.] Nach dem Krieg verwarfen Kritik und jüngere Schweizer Autoren die Heimatkunst, während Ernst Zahn der einmal gewählten Schreibweise bis zuletzt treu blieb." (Aus: linsmayer autoren, online) - Zeitlich am nächsten zum vorliegenden Brief war 1916 der Roman 'Die Liebe des Severin Imboden' erschienen (W/G 43); 'Fräulein Finsler' muss allerdings nicht zwingend auf die aktuellste Publikation Bezug genommen haben. - Ihr Vater, Diethelm Georg Finsler (Zürich 1819-1899 ibid.), ein bedeutender Zürcher Kirchenmann und Gelehrter, Kirchenrat 1856, u.a. Pfarrer am Grossmünster 1871, 'letzter Antistes' der zürcherischen Kirche 1866-95. Er stammte aus einer alten Zürcher Bürgerfamilie, die namhafte Persönlichkeiten, darunter renommierte Theologen und Pfarrherren stellte. Sein Vater war der Theologe Hans Georg Finsler (1793-1838), u.a. Dekan 1830, Kirchenrat 1836. Der Urgrossvater von Georg Diethelm war Johann Caspar Lavater, sein Grossvater der Schwiegersohn Lavaters, Antistes Georg Gessner, deren Biographien er publizierte (HLS u. HBLS). - Sprache: de. Bestandsnummer des Verkäufers ms0597
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